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01.2020

Anspruch auf Ehegatten-Trennungsunterhalt

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Anspruch auf Ehegatten-Trennungsunterhalt ohne früheres Zusammenleben



In § 1361 Abs. 1 BGB heißt es: „Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen …“

Wie verhält es sich aber nun, wenn niemals ein Eheleben stattfand und die Beteiligten nach der Heirat nie – auch nicht zeitweilig – zusammen gewohnt oder gemeinsam gewirtschaftet haben?
Man sollte meinen, dass Eheleute, die überhaupt nicht zusammengezogen sind, sich auch nicht trennen können, mit der Folge, dass auch kein Trennungsunterhaltsanspruch entsteht. Das sieht allerdings die obergerichtliche Rechtsprechung anders.

So hatte sich das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. im Juli diesen Jahres mit dem Fall einer Deutschen und eines Briten zu befassen.
Die Ehe wurde von deren Eltern arrangiert. Die Beteiligten gaben ihre jeweiligen Wohnsitze jedoch nicht auf.
Man besuchte sich zwar regelmäßig, eine sexuelle Beziehung wurde jedoch nicht aufgenommen und es wurde auch kein gemeinsamer Haushalt begründet.
Nach einiger Zeit kam es zum Zerwürfnis und die deutsche Ehefrau verlangte von ihrem englischen Ehemann Trennungsunterhalt. Dieser vertrat die Auffassung, er sei zu Unterhaltszahlungen nicht verpflichtet, da niemals ein normales Eheleben geführt wurde.
Das Amtsgericht gab dem Ehemann Recht, allerdings wurde der Ehefrau in der Beschwerdeinstanz ein Trennungsunterhalt zugesprochen. Das Oberlandesgericht vertrat unter Berufung auf die Rechtsprechung die Auffassung, dass ein Trennungsunterhaltsanspruch grundsätzlich mit dem Eingehen der Ehe und nicht erst dann entstehe, wenn die Ehegatten sich eine Zeit lang aufeinander eingestellt haben.
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt setze weder ein Zusammenziehen oder Zusammenleben, noch eine Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen voraus.
In der Literatur wird dagegen m. E. zu Recht eingewendet, dass in einer solchen Situation „eheliche Lebensverhältnisse“ im Sinne des § 1361 Abs. 1 BGB, nach denen sich schließlich der „angemessene Unterhalt“ richtet, gar nicht entstehen.

Man darf gespannt sein, wie der Bundesgerichtshof in der Rechtsbeschwerde entscheidet


Text: Birgit Schwerter, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht



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